Gedichte geprägt von einer schweren Zeit

Vergehen

Ich bin Soldat, Offizier,
Leider!
Ich weiß nicht wielange ich noch lebe,
Mein guter Freund
der Leutnant Kristl,
ich habe im Bunker
noch gestern Schach gespielt
mit ihm.
Heute sehe ich sein
bleiches Gesicht in der Sonne,
zwischen dem Farn, im Wald
erstarrt liegen.
Sein schönes Profil,
ist alles aus?...
Jetzt, wenn er daliegt
in der Sonne
im Wald,
zu Mittag?
Mit den geschlossenen Augen
mit dem kreideweißen Antlitz
zum Himmel gerichtet mit einem winzigen Loch in seiner Stirne
und nur einigen Blutstropfen im Gesicht,
wie der Heiland sieht er aus....
Warum, lieber Herrgott muß das sein???

Karpaten, August 1944

Die Zeit

Ich liebe dich
in der Zeit
wo ich noch nie
der Zeit gedenke!
Wenn man liebt,
denkt man nicht,
es gibt keine Zeit.
Zeit ist ein Begriff der Zeit!
Und des Vergehens,
ich aber denke und fühle:
Es gibt keine Zeit
es ist zeitlich
im Vergleich zur Ewigkeit.
Vielleicht hat niemand Zeit
zur Zeit!
Ich aber liebe dich
ohne an die Zeit zu denken......
Aber vielleicht ist die Zeit nur da
um zu vergessen.
Für mich gibt es keine Zeit!
Wenn ich liebe....

Lemberg, März 1943

Landschaft in Grau

Der Nebel über der Wiese ist grau
die Gräser umspült von nassen Tau
die Erde ist im Gähnen,
es ist ein tiefes Sehnen.
Sehnen nach dem Tage
freiwerdend von dem kühlen Nass
reckt die ganze Geburt nach Licht
ihr jetzt noch graues Gesicht.
Und schon erhebt sich der graue Schleier
gleich einem blassen Ungeheuer
in die Höhe hinauf,
der Tag steht auf.

Starograd, Mai 1943

Rembrandt

Goldgelbes Licht
braunschwarze Schatten,
die Kunst macht das Leben.
Die Tiefe der Landschaft
bewegt mein Herz
und die Gestalten sprechen
von Liebe und Schmerz.
Rembrandt
du großer Geist, du bist es
der mich zum Himmel verweist!
Aus dem Dunkel der Nacht
leuchtet erhaben
ein Menschenkopf
und erstrahlt zum Leben.
Tiefgerührt stehe ich davor,
große Kunst, hohe Pracht,
das hat vor dir noch keiner vollbracht
Rembrandt!

München, Alte Pinakothek 1944

Sturmangriff

Aus dem Graben heraus ins weite Land
Voran!
Immer voran vielleicht in den Tod
Jeder stirbt,
Mensch bedenke, du stirbst
eigentlich immer seit Du am Leben bist
kommst du dem Tode immer näher!
Merkst du das nicht?
Die Salven krachen und die Erde bebt.
Auf meinen Rücken fallen die Erdklumpen
und auch der Staub, jeder wird zu Staub!
Ich bange um meine Kameraden,
ich muß den Befehl geben
Voran!
Erbarme dich du großer Gott
wozu sind wir Menschen immer
dem Tode geweiht?
Jeder!
Auch die nicht in dieser Schlacht sind!
Wie habe ich doch die Lembergerin geküßt-ein kurzes Glück,
das Glück ist immer kurz!
Ist das alles?
Was ist schon die Welt?
Die Erhabenheit der Kunst
ist sicher das Größte, das Bleibende!
Wenn wir auch alle sterben
die wir noch so jung sind,
wir haben doch gelebt!
Vielleicht wird mir der Himmel beistehen!?

Orel, Russland 1944

Die Hoffnung

Aus dem Dunkel kommen wir.
Wir sind auf die Welt gekommen, ohne Absicht
Wir sind einfach da,
ohne zu wissen warum und woher.
Wenn man dem Tode nahe ist, kommen diese Gedanken!
Bedenke Mensch daß du stirbst!
Was wir suchen?
Das Finden ist unsere Aufgabe!!!
Wenn an der Nordsee die Wolken ziehen
und die Sonne macht sie sichtbar
wie sie dahin ziehen, die Wolken...
Leider sind die meisten Menschen blind und sehen nicht
Oh, Gott ich danke dir, daß du mich sehend gemacht hast!
Ich bin zum Maler, zum Seher geboren....
Das ist meine Hoffnung!

Güstrov, im Lazarett, Januar 1945